Album Adventskalender 2024

Welches Genre wird meinen Platz 1 in diesem Jahr belegen?

  • Pop

  • Country

  • Post-Punk

  • Meddl

  • Rap

  • Emo

  • Indie-Rock


Die Ergebnisse sind erst nach der Abstimmung sichtbar.

Ksaver

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Jimmy Pop

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The Great American Bar Scene ist wie eine dieser Unterhaltungen, die eigentlich schon in der Sackgasse stecken. Alle haben ihre besten Pointen längst rausgeschissen, irgendjemand schaut auf die Uhr, (Zähne), doch plötzlich sagt einer was, das einen zurückholt… und alles wieder ins Rollen bringt. Zach Bryan hat ein Album gemacht, das genau diesen Moment konserviert: roh, nah, unausweichlich. Man hört es, und auf einmal sitzt man gedanklich auf einer alten Terrasse oder Balkon oder Campingstuhl, ein Bier in der Hand, die Füße im Schlamm, während die ersten Sonnenstrahlen alles so klar und gleichzeitig verwaschen wirken lassen. Es ist die Art von Musik, die einem erklärt, warum Scheitern und Seelengeficke der Stoff sind, aus dem gute, einfache Geschichten entstehen.

Aber Obacht! Hier lauert Raffinesse, die sich erst beim zweiten oder dritten Durchlauf zeigt. Memphis; the Blues klingt wie ein verschwommenes Polaroid, bei dem sich die Farben erst allmählich sortieren. 28 dagegen ist der Moment, wenn man nach einem Streit allein auf dem Sofa sitzt und plötzlich genau weiß, was man hätte sagen sollen. Bryan spinnt aus banalen Momenten ein Netz, in dem man sich freiwillig verheddert. Das ist keine Nostalgie um der Nostalgie willen, das ist ein Blick in die Ecken der Erinnerung, die man gern übersieht, weil sie zu unbequem sind. Alles zum heulen irgendwie gell.

Zwischen “irgendwo” und “nirgendwo” findet Bryan ein Zuhause und macht es einem unverschämt gemütlich, während er einem die eigene Fehlbarkeit ins Gesicht drückt. Er sagt: Digga, alles, was du falsch gemacht hast, ist Material. Dieses Album beweist, dass ein gutes Lied manchmal mehr wert ist als die ganze verdammte Selbstoptimierung.
 

Jimmy Pop

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Klar, nach dieser Kärwa der Eitelkeiten mit Drake hätte man erwarten können, dass Kendrick Lamar einfach irgendwas droppt, um die Krone endgültig für sich zu beanspruchen. Aber Kendrick wäre nicht Kendrick, wäre nicht Kemdrik, wenn er es sich so leicht machen würde. GNX eher so Denksportaufgabe in musikalischer Form – für alle, die Lust haben, ihr Hirn mal ein bisschen durchzukneten.

Die Tracks treffen dich und mich wie der letzte Shot an einem Abend, der schon viel zu lang ist. wacced out murals? Ein aggressiver Ausflug in Kendricks Jugend, der einem unmissverständlich klar macht, dass er sich zwar weiterentwickelt hat, aber immer noch weiß, wo er herkommt. Und dann reincarnated: introspektiv, fast schon esoterisch – wie diese eine Person in der Runde, die plötzlich anfängt, über den Sinn des Lebens zu labern, während du eigentlich nur wissen wolltest, ob noch Schokobons da sind. (Ich hoffe doch ?!) Die Beats? Eine wilde Mischung, als hätte jemand West Coast, G-Funk, Mariachi und das Geräusch eines umkippenden Bierkastens in einen Mixer geworfen – chaotisch, unerwartet, aber sau catchy.

Kendrick rappt, als würde er direkt aus deinem und meinem Unterbewusstsein sprechen. Nur halt klüger und ohne die peinlichen Gedankensprünge. Und dann haut er in man at the garden diese Zeile raus: „Tell me why you think you deserve the greatest of all time, motherfucker / I deserve it all.“ Du willst kurz widersprechen, aber dann merkst du: Er hat halt einfach recht. Und du und ich? Wir sind nur froh, dass wir in dem Moment die Kopfhörer auf hatten.
 

Ksaver

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Nach dem eher rotzigen Sound vergangener Tage kommt dieses Album nahezu unverschämt poppig daher und ist gerade noch noisy genug, um meinen Geschmack perfekt zu treffen. Und obwohl es bereits im Januar erschien, konnte es sich in meiner Liste bis jetzt ganz weit oben halten und befindet sich in bester Gesellschaft des who is who der wohltuenden Klänge.
 

Jimmy Pop

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Brat klingt wie die musikalische Collage einer Jugend, die irgendwo zwischen Bravo-Starschnitten und Bearshare-Downloads verloren gegangen ist – und trotzdem fühlt es sich an, als hätte sie immer dazugehört. Charli XCX hat ein Album geschaffen, das nach Mitternacht geschauten Musikvideos riecht, während es gleichzeitig so frisch und modern klingt, dass es wie ein Genre für sich wirkt. Es ist, als hätte jemand die ungezähmte Energie der 2000er in Beats gegossen und ihr dann noch einen futuristischen Anstrich verpasst.

360 und Club Classics treffen mit einer Wucht, wie wenn jemand das erste Mal mit einer gelben Hummel (when you know you know) den Raum betritt – laut, unverschämt, mitreißend. Aber Charli XCX bleibt dabei nicht stehen.

Brat ist keine simple Hommage an vergangene Zeiten. Es greift die besten Ideen aus Indie-Folk, Elektroclash und Synth-Pop auf, zerpflückt sie mit einer frechen Leichtigkeit und setzt sie zu etwas zusammen, das gleichzeitig neu und vertraut klingt. Alles an diesem Album sprüht vor Energie, jeder Track hat einen eigenen Kopf, und doch ergibt alles ein großes, wildes Ganzes.

Brat ist laut, clever, herzzerreißend und ein bisschen wahnsinnig. Brat hat nicht nur überrascht, sondern alles auf links gedreht. Und am Ende lässt es komplett dumm gehen.
 

el-basso

Parkrocker
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Dieses Album hat mich einfach sofort beim ersten Hören dermaßen abgeholt, dass es ne ziemliche heavy Rotation bekommen hat. Die Tour hat sie dann auch in meine Stadt geführt, was das ganze für mich perfekt abgerundet hat.
 

Ksaver

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Jangly Indie Rock von zwei Jungs aus Kanada. Kommt ohne großartige musikalische Arrangements aus. Auch gesanglich ist das, was da passiert, eher zurückhaltend. Und doch schafft es trotz dieses Minimalprinzips jeder Song absolut eingängig, fantastisch melodisch und einzigartig daherzukommen. Von Anfang an unwiderstehlich.
 

Jimmy Pop

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Manning Fireworks ist der Soundtrack zu den Momenten, die man am liebsten aus dem Gedächtnis streichen würde und sie genau deshalb hängen bleiben. MJ Lenderman erzählt Geschichten, die roh und ungeschönt sind, dabei aber nie ihren Humor oder ihr Herz verlieren. Es zeigt, dass Chaos und Schmerz dazugehören, und dass genau diese Brüche oft die besten Geschichten schreiben.

Dieses Jahr habe ich ihn in Hamburg gesehen, in einem winzigen Club, eine alte, schiefe Kneipe. MJ Leatherface schlurfte auf die Bühne, irgendwo zwischen kein bock, noch nen Drink und generational talent. One in a billion. Es war magisch, wie er mühelos den Raum mit seiner Musik füllte.

She’s Leaving You hat mich sofort zum Schmunzeln gebracht. Diese feine Balance aus Satire und Mitgefühl kriegt nur Slenderman hin. Dabei entlarvt er seine Figuren nie, sondern schenkt ihnen eine liebevolle Aufmerksamkeit. Songs wie Riptorn oder Bark at the Moon wirken dagegen wie leise Geständnisse. Sie klingen wie der Regen, der gegen die Scheibe prasselt, während man allein rumsitzt und über all die Dinge nachdenkt, die hätten anders laufen können.

Manning Fireworks berührt, weil es Fehler und verpasste Chancen mit einer stillen Würde betrachtet. Es erzählt von Menschen, die stolpern und wieder aufstehen, nur um erneut zu scheitern und dabei nie aufhören, es zu versuchen, und für immer scheitern. Am Ende bleibt ein Gefühl von melancholischer Schönheit, ein Album, das nicht schreit, sondern flüstert, und genau deshalb so lange nachhallt. Ich weiß, dass ich noch oft an diesen Abend in Hamburg denken werde, an diesen seltsam genialen Künstler in diesem schiefen Cub, mit meinen schiefen Freunden.
 

Ksaver

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Als ich 2018 durch „Yolk in the Fur“ zum ersten Mal auf Wild Pink aufmerksam wurde, war das wie eine warme Umarmung an einem eiskalten Wintertag. Und das, obwohl das Album mitten im Sommer erschien.

Die Veröffentlichungen danach konnten mich dann nicht mehr ganz so begeistern, aber dann erschien im Herbst diesen Jahres „Dulling the Horns“ und es war wieder wie damals. Obwohl, nicht ganz. Durch die zwischenzeitliche Zusammenarbeit mit J Mascis war da plötzlich eine ordentliche Portion Fuzz in den Gitarren und ich fand‘s besser denn je. Eine Platte, die einem beim Hören absolute Main Charakter Vibes gibt und das Gefühl vermittelt, dass jetzt doch noch endlich alles gut wird.
 

Jimmy Pop

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Adrianne Lenker war für mich lange wie Elphaba aus Wicked: faszinierend, aber schwer zugänglich. Bewundernswert, aber irgendwie distanziert. Und dann kam dieses Konzert mit Big Thief im Muffatwerk in München. Eine große Halle, aber trotzdem: absolute Intimität. Ihre schlichte, unverstellte Präsenz hat alles verändert. Plötzlich war sie greifbar, fast vertraut – und genau dieses Gefühl trägt auch Bright Future in sich.

Das Album klingt, als hätte Lenker ein Portal gebaut, wie in ihrer Kindheit, und wäre hindurchgetreten, direkt in ihre eigene Gefühlswelt. Real House ist wie ein Blick in alte Wunden, der gleichzeitig schmerzt und heilt, ähnlich wie die Freundschaft von Elphaba und Glinda in Wicked. Sadness As A Gift dann bittersüß und schmerzhaft, aber voller Erkenntnis. Lenker zeigt, dass Melancholie nicht der Feind ist, sondern oft das, was uns voranbringt.

Wie in Wicked steckt die Magie von Bright Future in den unscheinbaren Momenten. Ruined ist wie eine Szene aus dem Film, die hängen bleibt, auch wenn man sie nicht sofort versteht. Lenker lädt dazu ein, wie in der Geschichte von Gut und Böse, die eigenen Vorurteile zu hinterfragen. Sei es über andere oder sich selbst.

Bright Future verzaubert, weil es ehrlich, verletzlich und voller leiser Zauber ist. Adrianne Lenker hat ein Album gemacht, das zeigt, dass Magie nicht laut oder glitzernd sein muss. Sie steckt in den Zwischentönen, in einer Erinnerung, einer Melodie, einem Konzert, das alles verändert.
 
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Reaktionen: Ksaver und Alphawolf

el-basso

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Silber geht an Billie Eilish. Ich liebe es, wie sehr sich diese junge Frau von Album zu Album musikalisch weiterentwickelt und reift, ohne sich selbst fremd zu werden. Ihre Alben werden wirklich von Mal zu Mal besser und sie hat für mich hier ihr bestes Werk erschaffen. Ich freue mich auf die Zukunft und was wir noch alles von ihr bekommen werden.
 

Ksaver

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Da brat mir doch einer nen Storch! Ein Dance-Pop Album auf Platz 2? Na, aber sicher! Und würde ich rein objektiv an die Sache rangehen, müsste es sogar ganz oben stehen (tat es einige Zeit sogar tatsächlich). An BRAT gibt es nämlich absolut nichts zu kritisieren.

Ein Album wie aus einem Guss, auf dem sich die Künstlerin so ehrlich, so verletzlich, wie wahrscheinlich noch nie zuvor zeigt. Charlotte Aitchison hat hier ihr Opus magnum veröffentlicht, das zurecht durch die Bank abgefeiert wurde, egal, ob man bisher mit dem Genre was anfangen konnte, oder nicht.

Und wer den brat summer dieses Jahr verpasst hat (schwer vorstellbar), dem/der sei versichert, dass die Platte im Winter mindestens genauso viel Spaß macht (hab‘s getestet).
 

el-basso

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Und verdientes Gold an die mexikanischen Mädels. Im Juli in ner kleinen Halle gesehen und schockverliebt gewesen. Seit Sommer lief die Platte bei mir rauf und runter und mir war direkt klar, dass das meine 1 sein wird am Ende des Jahres.
Jetzt wünsche ich euch allen frohe, ruhige Festtage!