Hey Leute, nach dem Auftritt von The Streets bei Terremoto hab ich ne Band entdeckt, die einfach genial ist. MM wollte die unbedingt sehen und ich dachte mir, naja - dann schau ich mir die auch mal an. Und verdammt ich war überrascht von denen. [EDITed by Gigge]
Hier einige Infos zu der Band:
Mike Skinner ist 22 Jahre alt und lebt in Südlondon, Richtung Birmingham. Er mag Bourbon, aber trinkt keinen Hennessy, denn er findet, eine Flasche Whisky sollte nicht mehr als 15 Pfund kosten. Er macht irgendwie Garage, hat aber nichts mit dem üblichen Bling-Bling am Hut. Sein Projekt heißt The Streets, aber diese Straßen haben nichts mit HipHop-Heldentum oder House-Highlife zu tun, sondern mit der geballten Tristesse Londoner Vorstädte - "It´s not inner city, but it´s stressed out, bored people." Die erste Single Has It Come To This? rief ein mittleres Szenebeben in England hervor und ging auf die 17 der DDC. In den Cases von Tonka, Ian Pooley und Michael Reinboth wurde der Track ganz vorn gesichtet. House-Spezialisten sind sich einig: Original Pirate Material ist ein Meilenstein im Garage-Style. Das Original Pirate Material besteht aus einem Fundus von insgesamt 14 Tracks, die jeder für sich eine Forschungsreise in die urbane Landschaft einer degenierten Fun-Society sind. Dealer bevölkern die Straßen, Gewinner und Verlierer, Täter und Opfer. Fights am Kebab-Stand bestimmen das Leben und der ironische Widerspruch zwischen gesponsortem, massivem Alkoholkonsum und der Verfolgung ´weicher´ Drogen (The Irony Of It All). Dabei fehlt vollkommen der vermeintliche Glanz von Bad Boys und Gangsta-Attitüde. The Streets heißt: Geschichten aus dem wahren Leben, jenseits von Heroisierung und moralischer Verurteilung. Skinner erzählt, er wertet nicht, er kommentiert, er verurteilt nicht. Skinner erzählt in der Sprache, in die er geboren wurde und das ist nicht das britische Englisch der Queen. Die konsequente Verwendung klassischen Cockney-Englisch brachte ihm dementsprechend den Ruf als Poet of the People ein. The Streets ist vielleicht die erste authentische europäische Transformation gesellschaftlicher Zustandbeschreibung, die bislang dem US-HipHop vorbehalten war. The Streets ist zu 100% authentisch, und ihn der Tat erreichen Skinners Lyrics und die Art seines Vortrags stellenweise die Klasse eines Gil Scott Heron. Skinner sieht das gelassen aber auch mit Vorsicht: "Poetry ist heute ein schmutziges Wort, oder? Es klingt so nach... Beatnik." Skinners Mischung aus House, HipHop-Attitüde, Two Step und Soulelementen ist das Ergebnis eines langen Prozesses, der in frühester Jugend begann. Als Kid war er auf US-HipHop á la DeLa Soul und Beastie Boys - nicht in deren Kultur, nur in der Musik, die über die internationalen Charts zu ihm durchdrangen. Mit 15 schaffte er sich seine ersten Decks an und begann zu mixen: House, später Jungle. Mit einem Mädel, das er in Birmingham kennengelernt hatte, ging er dann nach Australien. Nach drei Wochen war schon wieder Schluss, und so zog Skinner allein mit seinem AKAI-Sampler quer durch den fünften Kontinent. Anfang 2000 kam er zurück, mit "ein paar Tränensäcken unter den Augen mehr und ein paar netten Erinnerungen." Er selbst sagt, dass er nicht viel von der australischen Kultur mitbekommen hat, aber als er zurückkam, hatte sich seine Einstellung zur Musik radikal verändert. "Früher war ich sehr extrem. Ich habe immer gesagt: Dies und das will ich machen, und der Rest - Fuck You! Inzwischen weiß ich, dass nicht alle gegen dich sind, wenn du was machst, es ist ihnen einfach nur egal, was du machst. Also musst du ihnen ins Gesicht springen, damit sie dich bemerken." Es sind die Roots, die The Streets so unübersehbar machen. Die Verwurzelung in der House-Szene natürlich, aber auch die Weiterentwicklung ihrer klassischer Strukturen. Skinner greift sich klassische Garagen-Rhythmen und MC Techinken und kehrt das Innere nach außen, das Oben nach unten. Ein Track wie Lets Push Things Forward verbindet Raggabeats mit Cockney-Rap im 77er Punkstyle, Sharp Darts wummert gnadenlos durch seine aufgebrochenen Beats wie ein falschrum aufgezogener Westcoast-Gangster, und nur scheinbar melodramatisch groovt It´s Too Late im subtilen 2Step. Dabei verliert Skinner nie den distanzierten Blick, der Too Much Brandy humorvoll mit einer Mischung aus Dancefloor und Latin-House verknüpft. Wildern im Niemandsland könnte man das nennen, und Who Got The Funk? macht deutlich, wieviel Spaß Skinner daran hat. Wiewohl - Skinner ist selbst ein Neuling auf dem von ihm entdeckten Gebiet: "Ich erwarte nicht, dass jeder das mag, ich kann mir vorstellen, dass vielen der Zugang dazu fehlt. Aber ich weiß, dass es eine Menge Kids auf den Straßen gibt, die gern Garage hören, aber etwas anderes als die üblichen Clubtracks wollen. Diese Lücke wollte ich füllen." Original Pirate Material wirkt abwechslungsreich, Beats und Sounds sind auf den Punkt gebracht, und selbst große Orchestersamples haben nichts bombastisches oder überladenes an sich. Im Gegenteil, die Soundscapes sind sparsam, nahezu lo-fi, spröde allemal. Und sie passen exakt auf Skinners scharfen Blick für eine post-heroische, urbane Subkultur.
[Edited]
Hier einige Infos zu der Band:
Mike Skinner ist 22 Jahre alt und lebt in Südlondon, Richtung Birmingham. Er mag Bourbon, aber trinkt keinen Hennessy, denn er findet, eine Flasche Whisky sollte nicht mehr als 15 Pfund kosten. Er macht irgendwie Garage, hat aber nichts mit dem üblichen Bling-Bling am Hut. Sein Projekt heißt The Streets, aber diese Straßen haben nichts mit HipHop-Heldentum oder House-Highlife zu tun, sondern mit der geballten Tristesse Londoner Vorstädte - "It´s not inner city, but it´s stressed out, bored people." Die erste Single Has It Come To This? rief ein mittleres Szenebeben in England hervor und ging auf die 17 der DDC. In den Cases von Tonka, Ian Pooley und Michael Reinboth wurde der Track ganz vorn gesichtet. House-Spezialisten sind sich einig: Original Pirate Material ist ein Meilenstein im Garage-Style. Das Original Pirate Material besteht aus einem Fundus von insgesamt 14 Tracks, die jeder für sich eine Forschungsreise in die urbane Landschaft einer degenierten Fun-Society sind. Dealer bevölkern die Straßen, Gewinner und Verlierer, Täter und Opfer. Fights am Kebab-Stand bestimmen das Leben und der ironische Widerspruch zwischen gesponsortem, massivem Alkoholkonsum und der Verfolgung ´weicher´ Drogen (The Irony Of It All). Dabei fehlt vollkommen der vermeintliche Glanz von Bad Boys und Gangsta-Attitüde. The Streets heißt: Geschichten aus dem wahren Leben, jenseits von Heroisierung und moralischer Verurteilung. Skinner erzählt, er wertet nicht, er kommentiert, er verurteilt nicht. Skinner erzählt in der Sprache, in die er geboren wurde und das ist nicht das britische Englisch der Queen. Die konsequente Verwendung klassischen Cockney-Englisch brachte ihm dementsprechend den Ruf als Poet of the People ein. The Streets ist vielleicht die erste authentische europäische Transformation gesellschaftlicher Zustandbeschreibung, die bislang dem US-HipHop vorbehalten war. The Streets ist zu 100% authentisch, und ihn der Tat erreichen Skinners Lyrics und die Art seines Vortrags stellenweise die Klasse eines Gil Scott Heron. Skinner sieht das gelassen aber auch mit Vorsicht: "Poetry ist heute ein schmutziges Wort, oder? Es klingt so nach... Beatnik." Skinners Mischung aus House, HipHop-Attitüde, Two Step und Soulelementen ist das Ergebnis eines langen Prozesses, der in frühester Jugend begann. Als Kid war er auf US-HipHop á la DeLa Soul und Beastie Boys - nicht in deren Kultur, nur in der Musik, die über die internationalen Charts zu ihm durchdrangen. Mit 15 schaffte er sich seine ersten Decks an und begann zu mixen: House, später Jungle. Mit einem Mädel, das er in Birmingham kennengelernt hatte, ging er dann nach Australien. Nach drei Wochen war schon wieder Schluss, und so zog Skinner allein mit seinem AKAI-Sampler quer durch den fünften Kontinent. Anfang 2000 kam er zurück, mit "ein paar Tränensäcken unter den Augen mehr und ein paar netten Erinnerungen." Er selbst sagt, dass er nicht viel von der australischen Kultur mitbekommen hat, aber als er zurückkam, hatte sich seine Einstellung zur Musik radikal verändert. "Früher war ich sehr extrem. Ich habe immer gesagt: Dies und das will ich machen, und der Rest - Fuck You! Inzwischen weiß ich, dass nicht alle gegen dich sind, wenn du was machst, es ist ihnen einfach nur egal, was du machst. Also musst du ihnen ins Gesicht springen, damit sie dich bemerken." Es sind die Roots, die The Streets so unübersehbar machen. Die Verwurzelung in der House-Szene natürlich, aber auch die Weiterentwicklung ihrer klassischer Strukturen. Skinner greift sich klassische Garagen-Rhythmen und MC Techinken und kehrt das Innere nach außen, das Oben nach unten. Ein Track wie Lets Push Things Forward verbindet Raggabeats mit Cockney-Rap im 77er Punkstyle, Sharp Darts wummert gnadenlos durch seine aufgebrochenen Beats wie ein falschrum aufgezogener Westcoast-Gangster, und nur scheinbar melodramatisch groovt It´s Too Late im subtilen 2Step. Dabei verliert Skinner nie den distanzierten Blick, der Too Much Brandy humorvoll mit einer Mischung aus Dancefloor und Latin-House verknüpft. Wildern im Niemandsland könnte man das nennen, und Who Got The Funk? macht deutlich, wieviel Spaß Skinner daran hat. Wiewohl - Skinner ist selbst ein Neuling auf dem von ihm entdeckten Gebiet: "Ich erwarte nicht, dass jeder das mag, ich kann mir vorstellen, dass vielen der Zugang dazu fehlt. Aber ich weiß, dass es eine Menge Kids auf den Straßen gibt, die gern Garage hören, aber etwas anderes als die üblichen Clubtracks wollen. Diese Lücke wollte ich füllen." Original Pirate Material wirkt abwechslungsreich, Beats und Sounds sind auf den Punkt gebracht, und selbst große Orchestersamples haben nichts bombastisches oder überladenes an sich. Im Gegenteil, die Soundscapes sind sparsam, nahezu lo-fi, spröde allemal. Und sie passen exakt auf Skinners scharfen Blick für eine post-heroische, urbane Subkultur.
[Edited]